wie alles kam...


Wie alles kam....

Sommer 2014: Carmen kommt überwältigt von ihrer ersten Reise in Südamerika zurück. Wies der Zufall will, verkündet Vater Salomon, dass sein kleiner Junge (Kindergartenkind von Carmen) aus der Klasse genommen wird. Die ganze Familie wird für ein halbes Jahr in Lima leben (aus beruflichen Gründen). So erfährt Carmen, dass es in Lima eine Schweizer Schule gibt.... "Braucht's dort noch Lehrer?" Und schon stand sie in Kontakt mit dem Schuldirektor.
Auf ihrer zweiten Reise im Herbst, besucht sie die Schule. Momentan sind keine Stellen frei....

Nach den Herbstferien entwickelt sich eine Freundschaft mit der neuen Arbeitskollegin Julia. Beim Weihnachtsessen im November, beschliessen wir auf gemeinsame Reise zu gehen.
Nach zwei überwältigenden Wochen in Kuba (es harmoniert super), erhält Carmen die Nachricht: "Stelle frei an der Schweizer Schule Pestalozzi ab Januar 2016". Zum Glück sieht sie, dass noch eine weitere Lehrperson gesucht wird. Und schon sitzt Julia mit im Boot......innerhalb von einer Woche war das Ganze gefixt.

Montag, 1. Februar 2016

Tag 12 30.01.2016

Nach sehr ausgiebigem Schlaf wird nun diskutiert, was wir heute anstellen könnten... Möbel anschauen? (wir haben jedoch die Masse nicht), eine Stadtrundfahrt machen mit dem doppelstöckigen roten Bus (bei über 30° Grad mitten am Nachmittag vielleicht nicht so eine gute Idee), an den Strand fahren (lohnt sich das noch so weit zu fahren? es ist schon nach 11 Uhr). Wir entschliessen uns an die Rezeption zu gehen und uns über hübsche Strände in der näheren Umgebung schlau zu machen. Der junge Herr und die junge (ausnahmsweise grosse) Dame an der Rezeption meinen, die nächsten schönen Strände liegen so 30-40 Minuten weg von hier. Ein Hoteltransport steht uns zur Verfügung, also los! Kurz ins Bikini geschlüpft, Toasts und Bananen eingekauft (ja, wir sind noch auf Magenberuhigungs-Diät) und schon gehts mit dem Touritransport richtung Strand.



Die Fahrt führt durch Gegenden in Lima bei denen es einem kalt den Rücken runter läuft. Braune Backsteinhäuser, die meisten kaum fertiggestellt, mitten in der Wüste, schmutzigerStrassen, massenweise Menschen auf den Strassen, vollgestopfte Buse und schmuddelige Läden. Für Julia ist es so ziemlich das erste Mal, dass sie so etwas zu Gesicht bekommt. Gehört hat sie schon viel davon, doch so wirklich vorstellen konnte sie es sich nicht. Auch Carmen fühlt sich plötzlich nicht mehr so wohl. Wo fahren wir da bloss hin? 
Der Fahrer bringt uns zum Punta Hermosa (dort soll es wirklich schön sein). Wir fahren von der Klippe
 runter, schon von oben sieht man einen Sonnenschrim am anderen. Dafür sieht das Meer ziemlich hübsch aus. Mal schauen, was uns da erwartet. Unten bei dem Parkeingang angekommen sammeln sich im nu zig Peruaner um unser Wagen. Alle reden (oder besser gesagt schreien) wild durcheinander und sehen schon ihr grosses Geschäft. Wir sind schon etwas eingeschüchtert von der aggressiven Art der jungen Geschäftemacher doch unser Fahrer bleibt cool. Wir folgen einem Parkhombre und werden auf ein Feld gelozt. Hier das selbe. Wieder stehen viele Junge Männer am Fenster unseres Fahrers und reden energisch auf ihn ein. Er lässt sich auf einen Deal mit einem Typen ein und wir hören etwas von "la Tortuga". Er erklärt uns, dass wir nun verpflichtet seien beim Strandrestaurant "la Tortuga" einen Stuhl zu mieten und etwas zu konsumieren (es sei auch gut). Jetzt checken wir das System! All diese Männer, versuchen die eintreffenden Badegäste für ihr Restaurant zu gewinnen. Kaum sind wir aus dem Wagen gestiegen geht der Tumult auf dem Parkplatz los und dies in einer erschreckender Form. Die sonst schon sehr angeheiterten Parkplatzhombres gehen aggressiv auf einen Typen los, der versucht ins Auto zu steigen und weg zu fahren. Ein Rudel von peruanischen Strandtypen stürzen sich auf den Wagen, reissen die Türen auf und schlagen auf den Typen ein. Es kommen immer mehr junge Typen herbei geeilt um ihren Kollegen zur Hand zu gehen. Der Typ im Auto hat keine Chance und steigt schlussendlich mit blutiger Nase aus. Offenbar habe er seine Rechnung nicht bezahlt. Etwas eingeschüchtert von allem was wir hier auf dem Parkplatz gesehen haben lassen wir uns von unser Chauffure und der Parkhombre zum Strand bringen. Als erstes passieren wir kleine Restaurants mit Bars, Plastikstühlen und -tischen und lauter Salsa-Musik. Am Strand trifft uns der Schock! Auf einem Quadratmeter liegen etwa 5 Personen. Alle dicht aneinandergequetscht. Einer der Angestellten von "la Tortuga" bringt uns zu zwei Liegestühlen unter bunte Sonnenschirmen. Wir sind in der Mitte einer Menschenmasse. Völlig platt ,von dem was wir gerade erlebt und gesehen haben und wo wir hier gelandet sind, setzten wir uns in die Stühle und halten kurz inne. Das muss zuerst verarbeiten werden. Obwohl wir uns absolut unwohl fühlen, beschliessen wir, es mal zu versuchen. Wir bestellen etwas zu trinken. Ein chico (sieht aus wie 12) bringt uns eine Cola und ein Mineralwasser. Nun sitzen wir da, ab und zu geht Carmen ihre Beine baden und Julia schafft es sogar ganz ins Wasser (das Baden in einer gefühlten Sardinenbüchse, ist nicht so das Wahre). Richtig wohl fühlen wir uns hier nie. Das sind einfach zu viele Leute für uns. Eingentlich war unser Plan erst um 7 Uhr abens nach Hause zu gehen, doch nun sind wir froh, dass unser Fahrer auf dem Parkplatz wartet. Nach zwei Stunden (wir sind erstaunt darüber dass wir es doch so lange ausgehalten haben) verlangen wir die Rechnung. Dummerweise haben wir wiedermal vergessen den Preis im voraus ab zu klären. Also werden wir wiedermal übelste abgezockt: 72 Soles wollen sie für 2 Getränke und die Sitze - auf der Rechnugn ist noch etwas, was nicht mal der kleine Chico richtig erklären kann. Egal! Wir wollen hier einfach weg und bezahlen....nicht dass es uns schlussendlich so ergeht wie dem Typen auf dem Parkplatz. Unser Fahrer ist erstaunt, dass wir schon wieder zurück sind und lädt uns kurzerhand ein. Bei der Fahrt aus dem kleinen heruntergekommen Ort sehen wir viele aufgetakelte Jugendliche, die bereits jetzt, um drei Uhr Nachmittags vor Diskotheken ansehen. Der Fahrer erklärt uns, dass hier am Wochenende massig Leute hin kommen um aus zu gehen. Das muss her so ne Art Pilgerort sein...alles schwärmt nach Punta Hermosa, entweder um an den Strand zu gehen oder später um das Nachtleben "zu geniessen". Obwohl wir auch gerne mal ausgehen, hier zieht es uns sicher nicht mehr hin. Das mit dem "an den Strand gehen" haben wir nun auch abgehakt. Sowas wie heute, wollen wir uns nicht mehr antun. Das nächste mal, gehen wir in ein Hotel, welches einen eigenen Strandanschluss hat.
Zurück im Hotel gehts erst mals unter die Dusche, wir beide haben den halben Strand im Badezimmer.


Am Abend treffen wir uns mit Renzo. Er macht uns Vorschläge für ein Abendprogramm ohne Essen und Trinken (das ist gar nicht so einfach). Wir beschliessen, uns den "Ciruit de aqua" an zu sehen. Kurzerhand schnappen wir uns ein Taxi und fahren richtung Downtown. Um und im Park wimmelt es von Leuten (oh! das ist wohl überhaupt keine Touristenattraktion). Der Eintritt kostet ganze 4 Soles pro Person (umgerechnet etwa 1 CHF). Die Show beginnt erst in einer halben Stunde, also nutzen wir die Zeit und schlendern durch den Park. Springbrunnen in allen Farben und Formen spritzen fröhlich um sich (etwas bedenklich, wenn man daran denkt dass wir uns hier in einer Wüste befinden, die nicht gerade genug Wasser hat). Wir nähern uns einem Wasserspiel, welches sich über eine ziemlich grosse Flächen erstreckt. Aus dem Innern des Brunnens hört man viele Menschen, sie johlen und jauchzen, lachen und rufen. Kaum legen siech die Fontänen steht da eine Klitschnasse Menschenmasse. Egal ob jung oder alt, ob Peruano oder Touri alles steht auf der Plantschefläche mit triefend nasser Kleidung. Wir können uns gerade noch so beherrschen uns dazu zu gesellen und gehen weiter. Die nächsten Fontänen beugen sich zu einem Tor durch das man gehen kann, ohne nass zu werden. Die Schlage davor ist dementsprechend lang,  etwa 10x so lang, wie der Durchgang selbst. Beim Ausgang posiert noch jeder schnell für ein Foto, das macht das ganze ziemliche gemütlich. Es ist Zeit für die Hauptattraktion. Die  Fountainshow mit Laseranimation und Musik beginnt. Trotz einer Horde Filmsüchtiger Japaner-Girls vor uns, die ständig ihre Handys in unser Sichtfeld halten müssen, bekommen wir sehr viel von den hohen Wasserspritzern mit. Neben verschiednen Fontänen in verschiedenen Farben, wird das ganze von einer Videoprojektion unterstützt. Es ist wie ein riesen Fernsehen. Unsere Blicke treffen sich zwischendurch etwas fragend, wenn Snowboarder, Enten oder Rennautos über die Wasserbildfläche huschen. Was hat das mit Peru zu tun? Nach der Show folgen wir den Beats. Heute ist noch ein Breakdance-Contest im Park. Nicht nur wir bestaunen die rumhopsenden und -kriechenden Typen auf den Bühnen, eine Gruppe weiss gekleideter Nonnen lassen sich den Spass nicht entgehen. Jedoch halten sie nicht sehr lange durch und verlassen den Zuschauerplatz schon bald wieder, kichernd...was die wohl davon halten?

Den Packrundgang haben wir nun beendet und beschliessen zurück zu fahren. Während wir uns im Hintergrund halten, versucht Renzo ein kostengünstiges Taxi zu organisieren (Touristen bezahlen einfach immer den "Gringobonus") Im Hotel angekommen setzten wir uns zu dritt auf unseren wunderschönen Balkon. Renzo staunt nicht schlecht über unsere Aussicht. Wir erfahren einiges über das Leben in Peru, wie es früher war, warum einige Sachen so sind, wie sie heute sind. Uns beiden wird bewusst, dass wir nie richtig nachvollziehen können, warum die Menschen hier so funktionieren. Es ist eine andere Welt. Wir können dankbar sein dafür, wie wir aufgewachsen sind und was wir haben.

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